Steckt Menschen nicht in Schubladen!

Ich wurde kürzlich von einem meiner Teilnehmer aus einem Kurs gefragt: "sag mal, das mit den Farben, machst du sowas auch?" - er meinte den Test des DiSG Modells, wo Menschen in 4 Farben eingeteilt werden und aus dieser Schublade auch nie wieder raus kommen.

Ich war vor mehr als 10 Jahren mal in einem Wochenend- Seminar, wo ich nach einem Fragebogen in die Kategorie ROT gesteckt wurde. Nach dem Wochenende wusste ich, wie ich also bin und wieso ich immer wieder Probleme mit anderen Menschen habe. Aber ich wusste nicht, wie ich das ändern konnte. Oder ob das nun für immer so bleibt. Ich war echt ziemlich geknickt. 

Die Einteilung in diese Farben ist natürlich sehr plakativ, man kann sich das gut merken und auch vergleichen ("ach, du bist blau! Na dann..."), es ist scheinbar einfach. 

Doch wie können wir fast 8 Milliarden Menschen in 4 Schubladen stecken? Wie kann es sein, dass jede:r vierte so sein soll wie ich? Und zwar genau so?

Das ist Blödsinn. Hält sich aber hartnäckig. 

Schade finde ich, dass viele Menschen das glauben (inklusive mir vor vielen Jahren) und nicht wissen, dass das überhaupt nicht wissenschaftlich fundiert ist. Nicht erforscht. Sondern schlichtweg erfunden. Da hat sich mal jemand hingesetzt und überlegt, wie man Menschen einfach in 4 Schubladen stecken kann, dann ein paar Charaktereigenschaften dazu geschrieben und wandert seitdem durch die Welt. Angeblich hilft es, Menschen zu kategorisieren, um besser mit ihnen arbeiten zu können. Oder im Verkauf zu wissen, wie andere ticken, um ihnen das richtige Angebot machen zu können (man könnte ja auch einfach fragen, was der:diejenige wirklich braucht?), doch ich halte das für gefährlich. Vor allem, wenn dir jemand zuschreibt: so bist du.

Ich arbeite seit vielen Jahren im Bereich Bildung und Entwicklung und begleite (mich und) andere Menschen bei ihrer Entwicklung. Oft hängt alles stark mit der eigenen Persönlichkeit zusammen. Mit Charaktereigenschaften, Motiven oder erworbenen Kompetenzen. Oft stelle ich fest, dass wenige Menschen wissen, wie sie wirklich ticken. Wenige beschäftigen sich mit ihrer eigenen Persönlichkeit oder ihren Stärken und Schwächen. ("Ich war schon immer schlecht in Mathe." - eine Zustandsbeschreibung, die auch gar nicht hinterfragt wird) Mich überrascht das oft.

Aber das ist ja auch nicht leicht - die Einteilung in Farben dagegen schon. Die Arbeit mit sich und an sich selbst hingegen ist aufwändig, manchmal hart, sehr emotional und durchaus fordernd. Ich habe schon erlebt, dass Menschen ihr ganzes Leben auf den Kopf stellen, wenn sie über sich gelernt haben und ihnen plötzlich bewusst wird, was sie wirklich wollen.

Das muss man erstmal aushalten können.

Eine tolle Persönlichkeitsanalyse habe ich vor Jahren kennengelernt, als ich noch im Unternehmenskontext unterwegs war und Führungskräfteentwicklungsprogramme entwickelt habe. Dort habe ich Prof. Dr. Martin Puppatz (Professor für Wirtschaftspsychologie an der FOM in Hamburg, Gründer des Lüneburg Institute for Corporate Learning (LINC) und Autor des wirtschaftspsychologisch fundierten Persönlichkeitstests (LPP - LINC Personalien Profiler) kennengelernt. Er hat mir zum ersten Mal etwas von dem Persönlichkeitstest (ich spreche lieber von Analyse, das klingt weniger nach Brigitte Selbsttest) basierend auf dem BigFive erzählt.   

Der LPP stellt diese Charaktereigenschaften auf eine Skala mit Polen. 

Extraversion - Introversion

Offenheit - Beständigkeit 

Kooperation - Wettbewerb

Emotionale Stabilität - Sensibilität 

Gewissenhaftigkeit - Flexibilität